Offener Brief – Für eine alternative Islamkonferenz

Die Diskussionen in den letzten Wochen innerhalb der muslimischen Community haben nochmals verdeutlicht, dass es höchste Zeit ist eine innermuslimische Gesprächs- und Debattenkultur zu etablieren. Neue Konzepte sind dringend nötig, um die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu stemmen. Um dies in Gang zu setzen, bedarf es einer immer wieder eingeforderten, aber bisher nicht realisierten offenen Debattenplattform.

Die jüngsten, teilweise auch hitzig geführten Debatten haben gezeigt, dass es längst an der Zeit ist miteinander, statt übereinander zu reden. Das Labeling Andersdenkender mit negativ konotierten Begriffen ist nicht lösungsorientiert, sondern vertieft die Gräben zwischen den Muslimen in Deutschland.

Die Krise um die Zusammensetzung und die Inhalte der Islamkonferenz haben deutlich gemacht, dass Muslime in Deutschland neue Konzepte brauchen, die über die Deutsche Islamkonferenz hinausgehen. Islamische Religionsgemeinschaften und andere muslimische Zusammenschlüsse genauso wie nicht organisierte Muslime sind aufgefordert, sich gemeinsam Gedanken über gesellschaftsrelevante Themen machen. Es ist an der Zeit, dass eine innerislamische Debatte darüber geführt wird, was die Muslime der Gesellschaft anzubieten haben.

Wer kein Forum hat, diskutiert nicht, wer kein Archiv hat, hat nie existiert, wer nicht forscht, wird erforscht und wer kein Medium hat, hat keine Stimme. Daher fordern wir die Muslime auf, über Lösungen aktueller Fragen nachzudenken. Wir fordern die sie auf, Institute aufzubauen, die das muslimische Leben in Deutschland erforschen. Wir fordern sie auf, Bibliotheken und Archive aufzubauen, um das muslimische Leben in allen seinen Facetten zu dokumentieren.

Wir fordern die Musliminnen und Muslime auf, Medien aufzubauen, die das muslimische Leben aus ihrem Selbstverständnis heraus und facettenreich vermitteln, publizieren und den Muslimen eine Stimme verleihen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Muslime in Deutschland sich nicht nur über ihr schlechtes Bild in der medialen Öffentlichkeit beschweren, sondern Alternativen schaffen und meinungsbildend auftreten.

So sind die islamischen Religionsgemeinschaften und muslimische Zusammenschlüsse aufgefordert, sich verbandsübergreifend zusammenzuschließen, zu denken und zu handeln. Die nicht organisierten Muslime sind aufgefordert, ihren Teil zu einem gemeinsamen Ganzen zu leisten – nicht nur zum Wohle der in Deutschland lebenden Muslime, sondern auch zum Wohle der Gesamtgesellschaft. Dazu ist erforderlich, dass sie sich nicht von Kleinigkeiten ablenken lassen, sondern den Fokus auf grundlegende Aufgaben legen.

Erst dann werden sie in der Lage sein, Lösungen für gesamtgesellschaftliche Probleme anzubieten und eine aktivere Rolle in gesamtgesellschaftlichen Debatten einzunehmen. Erst mit der hier geforderten Institutionalisierung, werden Musliminnen und Muslime in der Lage sein, sich mit einer starken Stimme für muslimische wie gesamtgesellschaftliche Belange einzusetzen und sich als Teil der Lösung anzubieten. Eine solche Islamkonferenz – die sich weder als Konkurrenz, noch als Ergänzung zur „Deutschen Islamkonferenz“ versteht – würden nicht nur längst überfällige Antworten auf bisher meist fremdbestimmte Fragen und Themen geben, die die öffentlichen Debatte bestimmen, sondern auch dem Staat einen kompetenten Ansprechpartner bieten.

Dies alles erfordert Ressourcen, die sinnvoll eingesetzt und gebündelt werden müssen. Daher fordern wir, die Unterzeichner, die islamischen Religionsgemeinschaften, muslimische Zusammenschlüsse und alle nicht-organisierten Musliminnen und Muslime auf, sich der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gemeinsam zu stellen. Nur gemeinsam werden sie den notwendigen Rückhalt in der Breite finden.

Wer die Alternative Islamkonferenz unterstützen will, kann im Kommentarbereich diesen offenen Brief unterzeichnen.

UnterzeichnerInnen

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